Copyright:  Gerd Rasquin  -  März 2012

 

 

 

 

Wo heute Horner Landstraße und Washingtonallee enden, begann einst die Dorfschaft Schiffbek. Sie gehörte zum Herzogtum Holstein, das bereits seit 1474 von der dänischen Krone regiert wurde. Jeweiliger König war in Personalunion gleichzeitig auch Herzog von Holstein. Die Bevölkerung blieb von allem weitgehend unberührt, und die Grenze war überall nur durch weiße Steine markiert. Dann traten Ereignisse ein, die hier kurz erwähnt seien:

 

Der vom 16. Januar bis zum 30. Oktober 1864 dauernde deutsch-dänische Krieg entbrannte um den Besitz der dänischen Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Nach seiner Niederlage musste Dänemark diese Herzogtümer an Preußen und Österreich abtreten. Beide hatten sich in der Gasteiner Konvention vom 14. August 1865 dahingehend geeinigt, dass Lauenburg und Schleswig von Preußen, Holstein jedoch von Österreich verwaltet werden sollte. Nach gegenseitigen Vertragsbruchvorwürfen brach schon 1866 der preußisch-österreichische Krieg aus. Am 9. Juni marschierten preußische Truppen in Holstein ein, und schon am 3. Juli wurden die Österreicher bei Königgrätz entscheidend geschlagen, mussten darauf der Annexion von Schleswig und Holstein durch Preußen zustimmen.

 

Bereits nach dem Sieg über Dänemark plante die Landherrenschaft der Geestlande, zu der bis 1871 auch Horn gehörte, an der Wandsbeker und Schiffbeker Grenze baldmöglichst zwei Zollämter einzurichten. Am 15. März 1865 pachtete die Finanz-Deputation deshalb ein 830 qm großes Areal der Horner Gemeinweide am Ende der Rennbahnstraße, das noch im selben Jahr bebaut wurde. Das andere Amt konnte man kostengünstig in einem alten Bauernhaus einrichten, das Johann Jacob Peter von Hafe gehörte. Es ist auf dem Situationsplan unten grün eingezeichnet. Die Dorfkarte von 1868 weist beide Ämter als "Zoll & Accise" aus.

 

Bald war das Bauernhaus aber nicht mehr repräsentativ genug und auch zu klein. Nachdem Horn 1874 zu einem Vorort Hamburgs geworden war, begannen noch im Frühjahr die Bauarbeiten für ein neues Zollhaus, das unter der Leitung von Baudirektor C.J.C. Zimmermann am 18. Juli fertiggestellt werden konnte (koloriertes Foto oben). Hier wohnte bis zu seinem Tod im Jahre 1911 der Steuerrevisor J.G. Schoenberner und bis 1918 noch die Witwe. Zwei Jahre nach dem Tod ihrer Mutter zog auch Tochter Lina aus. Der neue Mieter, Handlungsgehilfe Wilhelm Meyer, wohnte hier bis zum Hausabbruch.

 

Nachdem Hamburg am 15. Oktober 1888 Zollinland geworden war, konnten die ehemaligen Akziseräume nun ebenfalls zu Wohnungen umgebaut werden. Darum erteilte man dem Gebäude, das seit 1881 die Hausnummer 485 besaß, im Dezember 1892 noch die Nr. 485a. Hier wohnte bis 1899 die Witwe H. Schröder, bis 1907 Fräulein M. Heitmann (verkaufte Holländerwaren) und bis zum Hausabbruch der Arbeiter und zuletzt Rentner Heinrich Petersen.

 

Sielanschluss, Wasserleitung und zwei Closets mit Wasserspülung gab es erst seit dem 27. April 1901. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Fäkalien in die offene Grube hinter dem Haus Nr. 467/469 gebracht, sonstige Abwässer in den Straßenrinnstein entsorgt worden.

 

Im Jahre 1930 stand die staatseigene Immobilie der geplanten Washingtonallee und ihrer zukünftigen Bebauung im Wege. Am 4. Oktober begann man mit dem Abbruch des linken Teils, und schon am 15. November vermerkt das baupolizeiliche Protokoll die Akte "Früheres Accisegbäude" als erledigt. Gleichenorts entstand das noch heute erhaltene Großwohnhaus Nr. 457 an der Ecke Horner Landstraße/Washingtonallee.

 

Die Grenze zu Preußen verlief hier noch bis zum 31. März 1937. So lange stand am Straßenrand der Pfahl mit schwarzem Adler auf weißem Holzschild, im Volksmund "Swatte Krey" genannt.

 

Situationsplan

 

Auf dieser Bauskizze vom 18. Dezember 1873 ist die geplante 15 x 10 Meter große Akzise rot eingezeichnet.

 

 

Foto von 1906

 

Anfang des 20. Jahrhunderts, etwa dreißig Meter östlich der Akzise. Alle Gebäude gehören zur Dorfschaft

Schiffbek, liegen bereits auf preußischem Gebiet. Horns Grenze ziert eine besonders schöne Straßenlaterne.

 

 

 

Münzen im Kaiserreich (1871-1918)

 


Horn-Chronik (Textgrafik)