Copyright: Gerd Rasquin
- Dezember 2007,
letztmalig aktualisiert am 1. Oktober 2021.
Grenze, Tierpark,
Endstation und Volksvergnügen!
Das Leben der Horner Bevölkerung vom Spätmittelalter
bis ins 19. Jahrhundert war alles andere als romantisch: Mühsame Alltagsarbeit,
fehlende medizinische Versorgung, hohe Kindersterblichkeit und tristes Leben in
dunkler Jahreszeit, denn Kerzenbeleuchtung konnte sich kaum jemand leisten. Auch
Brennholz war teuer und durfte nur nach Genehmigung des Waldvogts anlässlich
besonderer Feste geschlagen und gesammelt werden. Alltägliches Brennmaterial
für die Küche musste der Hof hergeben. Da wird verständlich, warum sich
Kneipen, Wirtshäuser und Lokale schon immer großer Beliebtheit erfreuten. In
gemütlicher Enge war es hier wärmer als zuhause, konnten Dorfbelange beredet,
neueste Informationen ausgetauscht werden. Am belebten Heerweg (Horner
Landstraße) traf man auch auf Durchreisende, Händler und Kutscher, die sich vor
Anbruch der Nacht noch schnell einquartierten. Wer des Nachts wieder heim
musste, hatte in mondhellen Nächten kein Problem. War es aber dunkel, mussten
Handlaternen oder Fackeln die holperigen Sandwege erhellen, denn erst ab 1864
säumten Gaslaternen die Straßen.
Eine
echte Grenze besaß Horn seit 1460, als Holstein dänisches Herzogtum wurde. Man
darf zu Recht vermuten, dass am Weg nach Billwärder schon bald darauf ein
Gasthaus eröffnete, denn die Landstraße war der einzige Weg, um von Hamburg aus
östliche und südliche Gebiete Europas erreichen zu können. Jahrhundertelang
überquerten Pferdefuhrwerke die Elbe kurz vor Lauenburg, wo sie auf die
"Alte Salzstraße" trafen. Am Weg nach Billwärder endete einst der
Hammerbrook, ein sich von Hamburg aus erstreckendes Marschgebiet.
Einige
der Grundeigentümer des östlichsten Flurstücks konnten erforscht werden. Um
1346 war es die Familie Hetfelt, doch die folgenden Jahrhunderte liegen im
Dunkeln. Ende des 17. Jahrhunderts erwarb es der angesehene Hamburger Kaufmann
Johann Clamer. Am Nordrand seines bis zur Bille reichenden Grundstücks ließ er
ein einstöckiges Landhaus mit großzügigen Räumlichkeiten und rechts der
Arealeinfahrt ein ebenerdiges errichten, beide mit Spitzdach. Am 11. Juli 1701
heiratete er Elisabeth Vegesack, doch das Haus wurde weiterhin nur als
Sommersitz genutzt, entbehrliche Räumlichkeiten an einen Gastwirt vermietet.
Der nannte sein Lokal "Letzter Heller", in Anspielung darauf, dass
manche Menschen hier oft ihr letztes Geld verprassten*. Mit dem seit 1687 schräg gegenüberliegenden Grenz- und
Wachtposten Hamburgs hatte der Begriff "Letzter Heller" nichts zu
tun. Da sich das Lokal aber schon im frühen 18. Jahrhundert zum beliebten
Ausflugslokal entwickelte, nannte man die Wache ortsbeschreibend einfach nur "Wache beym Letzten Heller".
Wegegeld ließ Hamburg hier übrigens erst seit dem 1. Januar 1830 erheben,
jedoch auch nur einreisende Fuhrleute.
*Der "Heller" geht zurück auf den Ort Schwäbisch
Hall, wo die Münze im 13. Jahrhundert als "Haller Pfennig" geprägt
wurde. Bis zur Einführung der Mark war es die kleinste Münzeinheit und
entsprach einem halben Pfennig.
Doch
zurück zum Ehepaar Clamer. Ihren ersten Sohn nannten sie Wilhelm (13.9.1706–21.9.1774), später einmal ein "höchstberühmter Kauf- und Handelsherr der kaiserlichen freien
Reichsstadt Hamburg". Am 10. März 1750 wählte man ihn sogar zum
Ratsherrn (genau an dem Tag, als die St. Michaeliskirche abbrannte) und später
auch zum Landherrn von Hamm und Horn. Am 14. Mai 1734 heiratete er Anna Maria
Boons, doch die starb am 18. Juli 1735, drei Tage nach der Geburt ihrer
Tochter. Wilhelm Clamer heiratete dann noch einmal und zwar am 30. April 1737
Cäcilia Elisabeth Schlüter, deren Tochter jedoch schon bei der Geburt verstarb.
Am 26. August 1738 wurde Guilliam (26.8.1738–7.6.1795) geboren, später in der
Firma seines Vaters beschäftigt, die er im Jahre 1760 ganz übernahm. Nachdem er
verstorben war, verkauften die Erben das Grundstück an den Oberalten
Johann Anton Schmidt (21.4.1751–5.1.1828),
den eine Hammerbrook-Karte des Deichinspektors H.W. Heydemann (†1820) aus dem
Jahre 1806 ausweist. Die Gebäude auf der Flurkarte von 1751 sind dort nicht
mehr eingezeichnet, dafür aber ein einstöckiges Haus mit drei Erkern im
Spitzdach, das uns von einer Lithographie zu Zeiten des
"Thiergartens" (1841–1845) bekannt ist. Es lag etwa vierzig Meter
westlich des Wegs nach Billwärder. Anton Schmidt war seit dem 29. April 1777
mit Maria Dorothea Rücker verheiratet, Kind einer einflussreichen Hamburger
Kaufmannsfamilie. Ihr Sohn
verkaufte die Immobilie 1836 an Carl Heinrich Ferdinand Rochow und Wilhelm
Kirchheim aus Wandsbek. Rochow et
Kirchheim (laut Adressbuch) arbeiteten in der "Expedition der
Journalière von Ham und Horn" am Platz neben der heutigen Hauptkirche
Sankt Petri. Diese Journalière, ein von zwei Pferden gezogener Wagen, verkehrte
seit dem 27. Juli 1835 zweimal täglich zwischen Hamburg und dem Letzten Heller.
Mit ihr konnten jetzt auch einfache Bürger dem penetranten Gestank des
engbebauten Hamburgs entfliehen, denn Abwässer und Fäkalien wurden ja noch in
Gossen und Fleete entsorgt. Man kann sich leicht vorstellen, wie überfüllt es
nun an Wochenenden im Gasthaus von Rochow und Kirchheim gewesen sein mag.
Als
Rochow 1840 schwer erkrankte (er starb 1841, die Witwe zog nach Altona)
entschlossen sich die Geschäftsleute, den Gasthof in Horn aufzugeben. Mit
Schardel Heinrich Berg fanden sie einen aus Russland stammenden
Wandermenageristen, der das Gasthof-Areal erwarb, um hier nach den Vorbildern
der Menagerien zu Wien und Paris sowie der Pfauen-Insel bei Potsdam für seine
Tiere eine Heimat zu schaffen, angepasst an die klimatischen Bedingungen
Hamburgs und den üblichen Anforderungen der Stadt an öffentliche
Vergnügungsorte. Auch die seit dem 28. Juni 1840 zweite
Pferde-Omnibusverbindung nach Horn mag ihn in seiner Entscheidung bestärkt
haben. An die Ostwand des Lokals ließ er einen etwa 17x7 Meter großen Saal mit
Spitzdach anbauen und das 287x108 Meter große Gesamtareal umfangreich neu
gestalten, sodass er am 30. Mai 1841 (Pfingstsonntag) einen "Zoologischen oder Thiergarten" eröffnen konnte, übrigens den ersten auf
dem Gebiet des heutigen Deutschlands! Für die Besucher hatte er bei J.J.S.
Wörmer (am Pferdemarkt Nr. 7) einen 16-seitigen "Führer durch den Zoologischen oder Thiergarten" drucken
lassen. Bei einem Eintrittspreis von acht Schillingen begann auch alles recht
hoffnungsvoll, und Gastwirt Berg erwartete mit Spannung den nächsten Frühling,
denn viele neue Tierarten waren hinzugekommen. Vom 5. bis 8. Mai 1842 geschah
dann aber das Unfassbare: Ein Viertel des Hamburger Stadtgebiets wurde durch
ein mächtiges Feuer vernichtet. Folglich gingen die erhofften Besucherzahlen
zurück und Schardel Heinrich Berg sah sich für 1843 gezwungen, den
Eintrittspreis zu halbieren. Im Hamburger Adressbuch stand damals Folgendes:
„Die Bemühungen des Eigentümers sind bis jetzt eben nicht vom besten Erfolge
gekrönt worden, weil die Witterung für den Aufenthalt im Freien keine günstige
und einem häufigen Besuche hinderlich war. Dennoch muss jeder Unparteiische
gestehen, dass Herr Berg schon sehr viel geleistet hat und fortwährend das
löbliche Bestreben zeigt, sein Institut mit neuen Exemplaren verschiedenartiger
Tiergattungen zu bereichern. Ein detailliertes Verzeichnis sämtlicher
bemerkenswerter Vier- und Zweifüßler zu geben, gestattet der Raum nicht. Wir
beschränken uns daher auf folgende Fingerzeige: Das türkische Gebäude enthält
Schlangen und Crocodille sowie eine reichhaltige Vogelsammlung, bestehend aus
Cardinalvögeln, blauen Dohlen, javanischen Sperlingen, Liebesvögeln, vielen
Papageien etc. Die Fasanerie bietet in zehn Gehegen eine herrliche Collection
von Gold- und Silber-Fasanen sowie Perl- und spanischen Hühnern. Ein zweites
geräumiges Gebäude ist für den Aufenthalt verschiedener Affen bestimmt, und in
kleinen Käfigen sieht man Waschbär, Murmeltier, Ichneumon, Zibetkatze u.a.
mehr. Das große gotische Bauwerk umschließt die eigentliche Menagerie, die aber
zurzeit noch wenig reichhaltig ist, und sich größtenteils auf Hyäne, Panther,
Jaguar, Wolf und Bär beschränkt. Mehrere Gehege, Zwinger etc., welche malerisch
im Garten verteilt sind, enthalten Lamas, diverse Exemplare in- und
ausländischer Ziegen, australische Kasuare und Kängurus, astrachanische Schafe,
das astrachanische Kamel etc. Auf dem in der Mitte des Gartens liegenden Teich
ist eine Insel; beide werden belebt durch eine Menge verschiedener
Schwimmvögel, größtenteils ausländischen Ursprungs. Der Pelikan spielt hier die
Hauptrolle. Speciellere Auskunft gibt der Catalog "Führer durch den
Zoologischen oder Thiergarten", welcher mit Sachkenntnis abgefasst ist und
bereits seine dritte Auflage erreicht hat. Seine Vorderseite ziert eine
fauchende Raubkatze. Pferde-Omnibusse und Journalièren verkehren während der
Sommertage stündlich, sowohl von Hamburg als auch vom Thiergarten. Acht
Schillinge (eine halbe Mark Courant) kostet der Eintritt.“
Nach der Sommersaison 1845 musste Berg
seinen Thiergarten schließen. Aus Altersgründen übergab er das Grundstück an
den Makler Harry Lipschütz, der es in einer Anzeige vom 5. März 1847 zum
Verkauf anbot. Bis 1854 ist Berg dann nur noch als Bewohner von Nr. 41 im AB
vermerkt, soll dann in seine russische Heimat zurückgekehrt sein.
Nachfolgender Wirt war von 1849–†1855 Gustav Carl Börner über
dessen Lokal ein Zeitung 1852
schrieb: „Flügel-Bälle und ein großer schöner Garten, ehemals Thiergarten, machen
dieses Local zu einem angenehmen Aufenthalte.“
Nach dem letzten Wirt H.F.C. Behrens erwarb Johann Heinrich
Kleindiecks den Gasthof, ließ ihn umbauen und am 18. Mai 1859 (Mittwoch) als „auf's eleganteste decorirte und eingerichtete Etablissement“ eröffnen, das er Conversations-Haus nannte. Dazu gehörte auch noch sein
"Hotel Garni". In den "Hamburger Nachrichten" warb er nicht
nur für ein allsonntägliches "Thable d'hôte" (Mittagsmenü) um
17 Uhr, sondern auch für "Déjeuners, Diners und Soupers" zu jeder
Tageszeit. Außerdem sollten mittwochs und sonntags Konzerte renommierter
Kapellen stattfinden. Für sein Hotel bot Kleindiecks die Vermietung mehrerer
möblierter Zimmer an. Aus bislang unbekannten Gründen gab er Etablissement und
Hotel im Jahre 1861 auf und arbeitete von 1863–†1869 in Hamburg als Haus- und
Versicherungsmakler.
Der Name "Letzter Heller" tauchte erst wieder 1862 auf,
als F.G. Meyn Wirt wurde (vorher wohnhaft an der Marienstraße Nr. 10). Von
1865–1868 stand H.G.R. Schrader als Gastwirt in den Adressbüchern, doch die
1868 herausgegebene Karte der Vogtei Horn weist kein Gebäude bzw. die
Hausnummer 40 aus, und auch Schrader findet man fortan nicht mehr. Gleich danach wird aber ein neues Haus
errichtet worden sein, denn im Adressbuch von 1869 steht wieder die Nr. 40,
allerdings nicht mit einem Wirt, sondern dem Bleicher J.F. Holdmann als Bewohner (vorher in Nr. 7). Im
Herbst war auch noch August Friedrich van Scherpenberg von der Englischen
Planke Nr. 18 hierhergezogen, um die Tradition der Gastwirtschaft "Letzter
Heller" fortzusetzen. Leider ist uns kein Bild des Hauses überliefert. Im
Jahre 1876, als "Perez Bloch & David Martienssen"
Grundeigentümer geworden waren, hatte
Carl Cornehls das Lokal übernommen, vorher Betreiber eines Restaurants
nebst Austernkeller am Jungfernstieg Nr. 10. Im Jahre 1879 war dann Friedrich Johann Heidtmann neuer Wirt
geworden, der noch eine Herings- und Austernhandlung am Dornbusch Nr. 6 besaß.
Nachdem die Brüder Emil Carl & Ludwig Stockmeyer die Immobilie Im
Frühjahr 1881 erworben hatten, übernahm Heidtmann ein Kellerlokal am
Jungfernstieg Nr. 11.
Emil Carl
Stockmeyer* hatte seit 1877 eine Bäckerei am
Steindamm Nr. 76 in St. Georg besessen, doch über seinen Bruder Ludwig ist
nichts bekannt, die AB vermerkten ihn nie. Noch im Frühjahr ließ man ein
zweistöckiges Hotel errichten und nannte das Gesamtobjekt nebst Festhalle und
großem Außenbereich "Horner Park", ein Vergnügungs-Etablissement, das
schon zur Sommersaison 1881 eröffnet werden konnte und seinerzeit als das
größte Hamburgs galt. Den traditionsreichen Namen "Letzter Heller"
hatte im selben Jahr der Gastwirt Heinrich Siemers übernommen. Sein Lokal lag
einhundert Meter weiter nordöstlich, an der Horner Landstraße Nr. 355.
*später, bis zu seinem Tod im Jahre 1915, arbeitete er als
Makler, nach mehrmaligen Wohnortswechseln zuletzt am Lehmweg Nr. 7 zusammen mit
seinem Sohn, derzeit von Beruf Oberkellner.
Im "Horner Park" fanden Volks-, Tanz- und Kinderfeste
statt, sowie sonntags und mittwochs Vorstellungen im Theatersaal. Für sonntags,
mittwochs und freitags plante man Konzerte und allsonntäglich einen
"Großen Ball" in der Festhalle. Stockmeyer warben mit 26 Fremden- und
mehreren Clubzimmern, Billard, zwei guten Kegelbahnen, Stallungen für dreißig
Pferde und zwölf Boxen für Rennpferde. Zuletzt standen die Gebrüder Stockmeyer
als Besitzer vom "Hotel zum Horner Park" im Hamburger Adressbuch von
1882. Noch im selben Jahr hatte Wilhelm Sträter die Immobilie übernommen,
vorher Besitzer eines Delikatessen- und Frühstückslokals an der Fuhlentwiete
Nr. 92. Warum die Brüder Stockmeyer so schnell aufgaben ist nicht überliefert.
Möglicherweise war es doch recht schwierig, einen derart großen Betrieb
rentabel zu führen, zumal alle Veranstaltungen im Außenbereich wetterabhängig
waren. Weitere rasche Gastwirtwechsel bestärken diese Vermutung, denn auch
Wilhelm Sträter gab bereits 1884 auf, um fortan ein Lokal am Valentinskamp Nr.
31 in Hamburg zu bewirtschaften. Dabei schrieben die "Hamburger
Nachrichten" noch am 17. Juli 1882:
„Der Horner Park, vormals Letzter Heller, welcher bekanntlich
vor einiger Zeit in den Besitz des Herrn Wilhelm Sträter übergegangen ist, übt
jetzt noch in erhöhtem Maße seine Anziehungskraft auf das vergnügungslustige
Publikum aus. In dem prächtigen Saal des Etablissements wurde trotz 26 Grad
Réaumur (32,5° Celsius) fleißig das Tanzbein geschwungen. Im Garten concertirte
eine vortreffliche Militair-Capelle. Die Restauration des Herrn Sträter wurde
stark in Anspruch genommen; dieselbe darf als durchaus zufriedenstellend
bezeichnet werden. Am 14. und 16. Juli trat der bekannte Schnell- und
Dauerläufer Adolf Dibbels aus Wien auf.“
Auf Wilhelm Sträter folgte
1884 Bernhard Wahlen und schon 1885 Hans Heinrich Friedrich Singelmann. Am 3.
März 1893 war Johann Wilhelm Kück (†1915) neuer Grundeigentümer geworden,
wohnte aber an der Ferdinandstraße Nr. 24. Gastwirt war der Barbier T.H. Ernst.
Von 1895–1897 war Adolf Hübsch hier Gastwirt, dann folgte Albert Krohn. Im AB
finden wir hinter seinem Namen "Tanzsalon, Kegelbahn und
Gastwirtschaft". 1902 wurde der Mineralwasserfabrikant Georg Schaardt
neuer Gastwirt und 1910 Carl Hugo Alex, der sein "Vergnügungslokal"
zusammen mit Ehefrau Anna Georgine Juliane bewirtschaftete. 1920 verkaufte er
sein Vergnügungslokal an Georg Demuth, zog zwischenzeitlich an die Horner
Landstraße Nr. 301 und schon 1921 in sein neuerworbenes Haus nach
Neuschönningstedt. Eine seiner sechs Töchter, die am 9.2.1896 geborene Martha
Caroline, lebte dann dort seit 1958. Georg Demuth nannte das ehemalige Vergnügungslokal
fortan "Hamm-Horner Gesellschaftshaus", das er in
Zeitungsanzeigen um 1926 als "Hamburgs schönstes Ball- und
Gartenlokal" pries sowie auch als "Treffpunkt aller Freunde
des Fußballsports". Für die von Wacker 04 war es nämlich Vereinslokal,
in dem man gern das Lied von der "Horner Sonne" sang. Bereits 1922
hatte Demuth die Immobilie an den Oberpostsekretär P.H.O. Fründ aus der
Richardstraße Nr. 11 verkauft, der sie wiederum 1926 an den Staat veräußerte.
Im Jahre 1928 mietete Rudolf Neubeyser das historische Gelände und gab ihm
nochmals einen neuen Namen: "Horner Volkspark". Am 24. August
1929 war dort wieder ein "Mordsbetrieb", wie einer Postkarte zu
entnehmen, die ein Vater an seinen Sohn Paul Lewald ins Kinderheim Wyk auf Föhr
schickte. Unterschrieben hatten zudem Lehrer Paul Möhring und Schulleiter Peter
Hähne, die ebenfalls am Volksfest teilnahmen, denn es gab auch
"Schüler-Singen" sowie "Schüler-Turnen". Seinem "Horner
Volkspark" gab Neubeyser 1935 wieder den vorherigen Namen "Hamm-Horner
Gesellschaftshaus", dessen letzte Wirtschafterin von 1941 bis zur
Ausbombung im Juli 1943 Hildegard Jalant war. Neubeyser ist noch im Telefonbuch
von 1970 als Buchsachvertändiger und Steuerbevollmächtigter vermerkt, als er an
der Palmerstraße Nr. 20 wohnte. Von Hildegard Jalant ist aber nichts mehr
bekannt.
Auf dem Areal des
zerstörten Gesellschaftshauses standen seit 1949 kleine Behelfshäuser mit den
Hausnummern 326–330: In Nr. 326 befand sich seit 1949–1953 eine Außenstelle der
KPD für den Stadtteil Horn und seit 1952 die Autoreparatur und
Henschel-Vertragswerkstatt von Ernst Saubert, der 1953 mit seinem Geschäft an
den Horner Brückenweg Nr. 10 zog. In Nr. 328 besaß Georg Krüger seit 1949 eine
Hundehandlung mit der er 1953 an die Weddestraße Nr. 37 zog, und in Nr. 330
eröffnete Hertha Albrecht 1952 eine Seifenhandlung. Sie zog 1954 in den ersten
Stock des Neubaus Nr. 328.
Nachdem Friedrich Maschmann
aus der Wagnerstraße Nr. 9 zwei Drittel des Areals vom Staat erworben hatte,
auf dem einst das "Gesellschaftshaus Neubeyser" stand, ließ er
dreistöckige Wohnhäuser mit zusätzlichen Wohnungen im Dachgeschoss und je zwei
Ladengeschäften errichten, die 1954 bezogen werden konnten. In Nr. 328
eröffnete Julius Busch eine Filiale seiner Bäckerei und in Nr. 330 Heinrich
Boye ein Lebensmittelgeschäft sowie Magdalene Römhild eine Textilfiliale. Im
Jahre 1956 eröffnete Gisela Bohnsack im Haus eine Gaststätte, die "Horner
Eck" hieß und noch einige Wirtswechsel erleben sollte.
Zwei Fotos zeigen die Endstation der Straßenbahnlinie
24 (später auch der 22 und 11) am "Weg nach der Blauen Brücke".
Den "Horner Park" betrat man
rechts neben dem Wohnhaus, das bis 1892 Hotel und Pension war. Im flachen Anbau
befand
sich der Festsaal. Die Gastwirtschaft
von Heinrich Rethwisch stand direkt an der Straßenbahn-Endstation gegenüber dem
Weg nach Billwärder, einst auch
"Weg nach der Blauen Brücke" genannt.
Auf einer Karte vom 11. Oktober 1770 ist hier, an der Ostecke zum
Weg nach Billwärder, "Clamer's Garten" eingezeichnet, jedoch noch
ohne Gebäude. Gleich dahinter verlief die Grenze zur holsteinischen Dorfschaft
Schiffbeck. Das Haus auf einem 525 qm großen Grundstück hatte Johann Heinrich Wilhelm
Meyer 1856 errichten lassen. Er wollte hier aber nicht wohnen, sondern nur
vermieten. Im Jahre 1881 hatte Meyer sich entschlossen, die Eckwohnung im
Erdgeschoss zu einer Gastwirtschaft umzubauen, in der er bis zu seinem Tod 1891
auch selbst Wirt war, anschließend die Witwe. Eine Hausnummer war erst am 9. Mai 1888 erteilt, nachdem in den
Hamburger Adressbüchern immer nur "Beim letzten Heller" gestanden
hatte. Im Winter 1893/94 ließ sie an der Westseite des Hauses eine Veranda
anbauen, die das Gastzimmer vergrößern sollte. Am 30. September 1895 erwarb A.
Ludwig Post die Immobilie. Er ließ das Fachwerk zur Hornerlandstraße durch eine
massive Mauer ersetzen und an der Südseite des Hauses ein "Closet und
Pissoir" anbauen. In der ersten Etage vorn wohnte Schramm und hinten der
neue Gastwirt Hermann Köhler. Im Jahre 1897 erwarb Johann Jacob Friedrich Albert
Simon die Immobilie und war dann auch Gastwirt, bis Adolph Schmahl das Lokal
1909 übernahm. Nach einigen Umbauarbeiten im Frühjahr 1914 stand nun
"Gastwirtschaft und FrühstücksLokal" an der weißgemalten Hausfront.
1921 wurde Eugen Steuber neuer Gastwirt, doch schon im Jahr darauf Carl Krempe.
In den Jahren 1923–1925 stand "Großdestillation Heinrich Toosbuy" in
den Adressbüchern, anschließend von Fritz Bohr übernommen. Schon im Herbst 1926
war hier wieder eine ganz normale Gastwirtschaft, der Johannes Peter
Hinrich Hagenah mit "Horner
Grenzhaus" erstmals einen Namen gab. Auf die weiße Frontwand hatte
er Fachwerk malen lassen, damit das siebzig Jahre alte Haus etwa wieder so
aussehen sollte wie einst zur Dorfzeit. Am 19. Juni 1929 verkaufte Hagenah die
Immobilie für 45.000 RM an die Hamburger Finanzdeputation, wohnte hier aber bis
noch zur Zerstörung 1943 als Mieter und Bewirtschafter des Lokals. Gleich nach
dem Krieg übernahm er eine Gastwirtschaft an der Lutherstraße Nr. 2 in Harburg.
Das Grundstück wurde erst wieder 1989 mit dreistöckigen Mehrfamilienhäusern
bebaut.