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im Februar 2018
Dieser Blick auf die Martinskapelle bot
sich ab Mai 1987 (links oben). Im Sommer 1895 produzierte der Verlag E.
Bothmann eine Postkarte (oben rechts).
Anlass war der neue Kirchturm, doch auch
das Pastorat ist schon zu sehen, wie auch auf den beiden unteren Fotos (rechts
vom Sommer 1913).
Mit der "Martinskapelle" besaß Horn seit 1886 erstmalig
ein Gotteshaus. Das von dem bekannten Kirchenarchitekten Johannes Vollmer (1845‒1920)
in Backstein ausgeführte Gebäude, wurde nach den herrschenden städtebaulichen
Vorstellungen als freistehende Einheit konzipiert. Im Baustil stand sie in der
Tradition der neugotischen Hannoverschen Schule, die den Backsteinbau
Norddeutschlands zwischen 1850 und 1900 beeinflusst hat. Nach Grundsteinlegung
am 11. April konnte die kleine Glocke im Giebel der neuen Kapelle bereits am
11. November zum ersten Gottesdienst einladen. In Anwesenheit der
Kirchspielherren sowie der Senatoren Dr. J.G. Mönckeberg und Adolph Ferdinand
Hertz hielt Carl Schetelig, als zweiter Pastor für Hamm und Horn, an diesem Tag
seine erste Predigt. Der Bau hatte 35.000 Mark gekostet und besaß 400
Sitzplätze, doch noch fehlten Turm und Orgel.
Seit 1693 mussten die Einwohner Horns den langen Weg zur
Dreifaltigkeitskirche nach Hamm gehen, was für viele alternde Menschen immer
beschwerlicher wurde.
Am 16. Mai 1894 begann die Firma Feck & Söhne mit dem Bau des
Kirchturms und schon am 30. September, als Horn zu einem Stadtteils Hamburgs
wurde, konnte die Turmweihe stattfinden und am 16. Oktober auch das neue
Pastorat bezogen werden. Aus der Martinskapelle war nun die Martinskirche
geworden!
Am 8. Mai 1938 war Grundsteinlegung für ein großes Gemeindehaus,
das am 22. Januar 1939 mit einem Festgottesdients eingeweiht werden konnte.
Am 24. Oktober 1998 stellte die Hamburger Kulturbehörde das vom
Krieg verschonte Gebäude unter Denkmalschutz.
Für die Bevölkerung Horns und Hamms
predigten seit dem 19. Jahrhundert folgende Pastoren:
Hermann Mumssen wurde am 18. September 1804 als Sohn
des Weinhändlers Hermann Mumssen (1770‒1813) in Hamburg geboren. Er besuchte
das Johanneum zu Hamburg und von 1822 bis 1823 das "Gymnasium
Academicum". Anschließend war er Student der Theologie in Göttingen und ab
dem 13. Juli 1826 Predigtamt-Kandidat des Hamburger geistlichen Ministeriums.
Am 27. September 1830 wurde er zum "Pastor zu Hamm und Horn" gewählt.
1837 gründete Mumssen den "Verein für Christliche Armenpflege in Hamm und
Horn“. Als volkstümlicher, humorvoller Prediger war er in seiner Hamm/Horner
Gemeinde sehr beliebt und auch mit Johann Hinrich Wichern befreundet, dessen
segensreiche Tätigkeit im Rauhen Hause er mit Anteilnahme verfolgte und eifrig
unterstützte.
In erster Ehe heiratete Mumssen am 19. April 1831 Johanna Evers,
die aber schon 1847 starb. Aus dieser Ehe stammt Wilhelm Eugen, später
Professor am Johanneum (9.10.1835–29.6.1887). Seinerzeit wohnte er in Hamm,
Pastorathaus Nr. 40. Seine zweite Ehe schloss er am 12. Juli 1848 mit Anna
Wilhelmine Wappäus (1813‒1879). Mumssen starb am 25. April 1859 und wurde
auf dem Friedhof der Dreifaltigkeitskirche am Hornerweg begraben. Die
Grabplatte ist heute noch gut zu lesen.
Ernst Adolph Moraht, jüngerer Sohn eines Hamburger Arztes,
wurde am 27. Oktober 1833 in Hamburg geboren. Nach Besuch einer Privatschule,
absolvierte er das Johanneum und akademische Gymnasium in Hamburg, ließ sich
1852 als Student der Theologie und Philosophie an der Universität in Bonn
immatrikulieren. Nach Studienaufenthalten an den Universitäten Erlangen,
Göttingen und Rostock, promovierte er an letzterer zum Doktor der Philosophie.
In Hamburg bestand er schließlich das Amtsexamen als Theologe und bekam
folglich schon Predigten und Bibelstunden übertragen.
Nach einjähriger Tätigkeit als Kandidat für das Predigeramt
studierte er an der Georgia Augusta-Universität zu Göttingen. Dort lernte er im
Hause des Professors Havemann dessen Tochter Marie kennen, die er 1855
heiratete.
Im Jahre 1859 wurde Moraht als Nachfolger von Pastor Mumssen
"Pastor zu Hamm und Horn". Durch seine volkstümlichen Predigten war
Moraht in ganz Hamburg bekannt. Auf seine Initiative gründete das Hamm-Horner
Armenkollegium die sogenannten "Gotteswohnungen" an der
Fischerstraße, die am 16. Oktober 1876 eingeweiht werden konnten. Am 20.
Oktober 1879 starb Pastor Moraht an einer Infektion, die er sich am Krankenbett
einer seiner Konfirmandinnen geholt hatte. Sein Grabmal auf dem Friedhof der
Hammer Kirche besteht aus einem viereckigen Marmorsockel mit Kreuz und
Inschriften. Im Oktober 1899 wurden die "Gotteswohnungen" in
"Morahtstift" umbenannt, und auch der Fischerstraße erteilte man
gleichzeitig den offiziellen Namen "Morahtstraße". Anlass dafür war
der 20. Todestag des einst so beliebten Horner Pastors. Nachdem die
Morahtstraße 1962 aufgehoben wurde, sollte bald ein anderer Weg für die
Erinnerung an ihn sorgen: Der "Morahtstieg", am 16. Dezember 1964
benannter Fußweg, rechts der neuen U-Bahnstation "Rauhes Haus"
angelegt, um den Fahrgästen einen schnellen Zugang zum Horner Weg zu
ermöglichen. Allerdings gehört dieser kleine Geesthangweg schon zum Stadtteil
Hamm.
Otto Palmer, vorher
Pastor in Altona, wurde am 8. Juni 1880 vom Gemeindevorstand der
Dreifaltigkeitskirche zum neuen Pastor von Hamm und Horn gewählt. Palmer war
seinerzeit ein sehr geschätzter und bedeutender Kanzelredner. Seine überragende
Predigtgabe lockte so viele Gläubige in die Hammer Kirche, dass sie im Jahre
1883 durch einen südlichen Anbau erweitert werden musste. Nach dem Fortgang des
damaligen Hilfspredigers Pastor Reich war Pastor Palmer nicht nur für Nord- und
Süd-Hamm, sondern außerdem auch noch für Horn allein zuständig. Da diese
Mehrbelastung für einen Geistlichen zu groß war, schrieb man die Stelle eines
Hilfspredigers aus. 1833 gelang es Palmer einen Nachfolger für Pastor Reich zu
finden. Es war der Haselauer Pastor Carl Schetelig.
Das benachbarte Horn besaß
damals noch keine eigene Predigtstätte. Daraufhin wurde in der Kirchengemeinde,
in der Stadt und an anderen Stellen eine Sammlung zur Finanzierung des
Kirchenbaues in Horn durchgeführt. Pastor Palmer war besonders begabt für seine
kirchlichen Arbeiten und Pläne die notwendigen Geldmittel zu erbitten und auch
zu erhalten. Schließlich war der Betrag von rund 30. 000 Mark erreicht. Für
diese Summe konnte eine einfache, aber würdige Kapelle mit 400 Sitzplätzen
errichtet werden, die am 11. November 1886 als Martinskapelle in Horn
eingeweiht wurde.
Aus gesundheitlichen Gründen
trat Pastor Palmer 1903 vorzeitig in den Ruhestand. Seine letzten Lebensjahre
verbrachte er im Kurort Nervi an der Riviera, um dort Linderung seines Leidens
zu suchen, aber auch um der kleinen deutschen Gemeinde und den Kurgästen als
Seelsorger beizustehen. Im Februar 1905 starb er dort und wurde in seine Heimat
überführt. Seine Ruhestätte fand er auf dem neuen Hammer Friedhof in Eilbek.
Nach dessen Aufhebung wurden seine sterblichen Überreste auf dem alten Friedhof
der Dreifaltigkeitskirche am Horner Weg beigesetzt.
Carl Johannes
Christian Hermann Schetelig wurde 1849 geboren. Nach seinem
theologischen Studium und Ablegung der notwendigen Prüfungen vor der
Generalsuperintendantur und dem Konsistorium in Kiel, war Carl Schetelig
zunächst Hauslehrer auf Gut Rastorf in Holstein bei der gräflichen Familie zu
Rantzau. Von 1867 bis 1883 amtierte er als Pastor in Haselau bei Uetersen in
der Haseldorfer Marsch. Im Protokoll der Kirchenvorstandssitzung der
Dreifaltigkeitskirche zu Hamm vom 23. August 1883 heißt es unter anderem: „Herr
Pastor Palmer referierte, dass es ihm gelungen sei, in der Person des Pastors
Carl Schetelig zu Haselau einen Hilfsprediger zu finden, der auf die ihm mitgeteilten
Bedingungen bereit sei, am 1. Oktober 1883 in dieses Amt einzutreten.“ Nach
Verlesung der Zeugnisse fügte der Kirchenvorsteher Konsul Burchard hinzu, dass
er im Sommer Pastor Schetelig in Haselau predigen gehört hatte und bestätigte
den günstigen Eindruck der Zeugnisse über die Predigtweise und Amtsführung aus
eigener Wahrnehmung.
Nach Genehmigung durch den Kirchenrat konnte Pastor Schetelig
dann zum "Hilfsprediger von Hamm und Horn" ernannt und durch Pastor
Palmer der Gemeinde vorgestellt werden. Horn war nun sein eigentlicher
Pfarrbezirk. Nach 29 Jahren Seelsorge trat Pastor Schetelig 1911 in den
Ruhestand. Zunehmende Gedächtnisschwäche und ein Augenleiden, das später zur
vollständigen Erblindung führte, zwangen ihn dazu. Am Erntedankfest 1912 hielt
Pastor Schetelig seine Abschiedspredigt über Psalm 103, Vers 1‒5 und 15‒22.
Das Thema der Predigt war "Lobe den Herrn, meine Seele". Damit
beschloss er seine 36-jährige segensreiche Amtstätigkeit als evangelischer
Pastor in Holstein und in Hamburg. Pastor Carl Schetelig starb am 20. März 1920
und wurde auf dem neuen Hammer Friedhof an der Wandsbeker Chaussee in Eilbek
beigesetzt. Nach dessen Aufhebung und Umgestaltung zum Jacobipark erhielt
Schetelig seine letzte Ruhestätte auf dem alten Hammer Friedhof am Horner Weg.
Die Grabstätte ziert eine schlichte Gedenkplatte. An ihn erinnert seit dem 16.
Juli 1929 der "Scheteligsweg" zwischen den im selben Jahr angelegten
Straßen "Bei der Martinskirche" und "Beim Pachthof".