Copyright:  Gerd Rasquin - Juni 2008, aktualisiert im November 2020.

 

 

 

 

 

 

 

 

Vermutlich schon lange vor Gründung der "Hammaburg" gab es das altsächsische Dorf Hamm. Es lag ursprünglich nur auf der Geest, denn sein bis zur Bille reichendes Marschland (Brook) war bis zum 12. Jahrhundert noch nicht eingedeicht und stand deshalb fast alljährlich monatelang unter Wasser.

 

Der Hammerbrook war zu allen Zeiten ein recht großes Gebiet, das am Steintor begann und bei der Dorfschaft Schiffbek endete. Da Horn erst 1306 urkundlich erwähnt wurde und noch lange Zeit unbedeutend blieb, hatte man sein Marschland auch nie in "Hornerbrook" umbenannt.

 

Zwischen Geest und Marschland führte am Hang entlang der Heerweg, die heutige Horner Landstraße. Er verband Hamburg nicht nur mit allen östlichen Teilen Deutschlands, sondern auch mit dem Süden, denn weit reisende Händler mussten die Elbe jahrhundertelang bei Artlenburg überqueren, weil es ja bis Ende des 19. Jahrhunderts noch keine Elbbrücke bei Hamburg gab. Kein Wunder also, dass die Dorfschaften Hamm und Horn für wohlhabende Hamburger Kaufleute immer interessanter wurden, zumal auch die gute Landluft lockte. Folglich entstanden im 17. Jahrhundert am Geesthang und südlich des Heerwegs zahlreiche prächtige Landhäuser mit parkähnlichen Außenbereichen. Weil die Familien der Eigentümer hier jedoch nur in den wärmeren Monaten lebten, sonst aber in ihren Stadtwohnungen, sprach man allgemein von "Sommerhäusern". Eines stand dort, wo heute der Horner Park liegt, wie die Flurkarte von 1751 ausweist. Seinerzeit gehörte es dem Hamburger Kaufmann Georg Balthasar Jacobsen, wurde in den 1780er Jahren aber vom Reeder Johann Friedrich Duncker (17.10.1729‒27.5.1789) erworben. Der ließ das schon baufällige Landhaus abbrechen und ein neues errichten.

 

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Für den Architekten Johann August Arens (10.2.1757‒18.8.1806) war dieses eines der ersten Gebäude, die ihn als Baumeister des Klassizismus in Deutschland bekannt machten. Der Backsteinmassivbau auf Souterrain von 7 x 4 Achsen, besaß ein abgewalmtes Satteldach mit flachem Dreiecksgiebel und zwei eingezogene Flügel zur Gartenseite. Im Erdgeschoss befanden sich Wohnzimmer, Saal, Vordiele sowie das Schlafzimmer, und im ersten Stock lagen an einem langen Flur die Kinderzimmer. Auf dem Grundstück entstand auch ein Park mit Teich und Insel, die über eine Brücke zu erreichen war und später mit einem Häuschen bebaut wurde.

Quellen: "Gärten, Landhäuser und Villen des hamburgischen Bürgertums" (Hamburg Museum, Ausstellungskatalog 1975).

"Johann August Arens, ein Hamburger Architekt des Klassizismus" (Buch von 1972 im Altonaer Museum).

 

Duncker war sehr wohlhabend, besaß neben vierzig Schiffen noch Speicher und ein Stadthaus an der Kathrinstraße. Sein Sohn aus dritter Ehe, Johann Wilhelm (15.12.1771‒14.6.1843), heiratete am 6. März 1798 Anna Louise Krummes (9.22.1778‒19.10.1820). Zwischen dem 27. Dezember 1798 und dem 13. März 1812 wurden sieben Kinder geboren, so auch Johann Wilhelm Duncker jun. (8.12.1806‒29.10.1871), der einmal führendes Mitglied im Verwaltungsrat des Rauhen Hauses werden sollte. Die längste Zeit des Jahres lebte die Familie in ihrem Hamburger Stadthaus, erst 1812 zog man für immer auf den 60 Morgen großen Landsitz nach Horn.

 

Die am 18. Oktober 1800 geborene Tochter Henriette schrieb in ihren Lebenserinnerungen: „Hinter dem Landhaus begann die tiefer liegende Marsch, sodass man vom Garten ins Souterrain eintrat. Ein schattiger Fußweg führte durch Wiesen zur Wassermühle und einem kleinen bunten Lusthaus. Am Teich lagen ein paar Katen, die zum Gut gehörten und von den Tagelöhnern Rostel und Schröder bewohnt waren. Nachtigallen und andere Singvögel nisteten hier, keiner durfte sie stören! Vorn im Garten gab es Obstbäume und Grasplätze auf denen Veilchen blühten. Ein schattiger Steig führte zu einer kleinen Strohhütte mit Bänken. Dort war es immer windstill, warm und behaglich. Vorn an der Straße stand ein kleines zweigeschossiges Haus mit Souterrain und einer Bodenkammer, in der die alte Näherin Mariken wohnte. Sie war zeitlebens in der Familie, liebte die Kinder innig und unterrichtete die Mädchen im Nähen und Stopfen. Im angebauten Gärtnerhäuschen wohnte der Hausknecht Otto Picker. Als Vater ihn in den schlechten Zeiten der napoleonischen Okkupation nicht benötigte, richtete er ihm 1807 im benachbarten großen Bauernhaus eine Brauerei ein, was sich später als segensreich herausstellen sollte! Dem kleinen Wohnhaus gegenüber lag auf nördlicher Straßenseite der Vorgarten. Hier am Hügel, von dem man auf Felder und Dorf schauen konnte, gab es die schönsten Himbeeren.“

 

 

 

Der Lübecker Maler Carl Julius Milde nannte sein Bild 1832: "Die Familien Duncker und Kerner bei der Abendunterhaltung".

Es ist es eine der besten Darstellungen zeitgenössischen Beisammenseins betuchter Hanseaten und wurde 1955 vom Museum

für Hamburgische Geschichte erworben. Unter dem Familienwappen sitzt rechts Johann Wilhelm Duncker sen. neben seiner

Schwester Johanna Friederica (9.10.1784–19.5.1864), Witwe des Johann Georg Kerner (9.4.1770–7.4.1812). Zwischen beiden

sitzt seitlich zum Maler die Gesellschafterin Sophie Keisler. Links der Lampe sieht man Clara Kerner (1808–1890) und daneben

ihr Bruder Georg Reinhold Kerner (1810–1858), mit Johann Wilhelm Duncker jun. Schach spielend. Zuschauer ist sein Bruder

Dr. jur. Friedrich Hermann Duncker (13.3.1812–22.10.1884). Links sitzt Bonafine (1805–1869), Schwester von Clara Kerner.

An der Wand hängt ein Portrait von Anna Louise (9.11.1778–18.10.1820), der Ehefrau von Johann Wilhelm Duncker sen.

 

 

Nach siebenjähriger Nutzung durch Soldaten Napoleons und des freundlichen niederländischen Oberst Strom de Grave, wurde das innen unansehnliche Haus um 1815 renoviert und leicht umgestaltet. Wie es vor dieser baulichen Veränderung ausgesehen hat, wissen wir leider nicht. Nach dem Tod des Vaters gehörte die Immobilie Johann Wilhelm Duncker, der schon früh in das väterliche Handelshaus eingetreten war, das sich während der Hochkonjunktur Ende des 18. Jahrhunderts auch in Seeassekuranz sowie Grönlandfahrten und Walfang betätigte. Als durch Ausbruch des Krieges zwischen Frankreich und England das Geschäft schweren Schaden litt, widmete Duncker sich ganz der Seeassekuranz und gründete mit befreundeten Reedern die "Dritte Hamburger Versicherungs-Gesellschaft von 1804", Urzelle der heutigen "Nord-Deutschen Versicherungs-Gesellschaft", deren Hauptsozietär und Bevollmächtigter er wurde. Die durch die Kriegslage bedingten hohen Prämiensätze brachten anfangs gute Gewinne, jedoch kam das Geschäft nach der Besetzung Hamburgs und durch die Kontinentalsperre zum Erliegen. Nach der Befreiung organisierte Duncker das Unternehmen neu und zwar als "Neue Dritte Versicherungs-Gesellschaft von 1816". Im Direktorium waren führende Kaufmanns- und Reedereifirmen vertreten. Unter Dunckers bewährter Führung konnte die Gesellschaft 1826 und 1836 wieder auf zehn Jahre verlängert werden. Duncker war ein Kaufmann des alten patriarchalischen Typs, der höchstes Vertrauen genoss. Durch die Heirat seiner Schwester kam eine geistige und künstlerische Note in die sonst nüchterne Denkungsart Dunckers (Bild oben).

 

Noch bevor Johann Wilhelm Duncker 1843 verstorben war, besaß sein gleichnamiger ältester Sohn die Alleinvollmacht. Schon 1844 verkaufte er die Immobilie an den Lichterfabrikanten und Makler Daniel Gottfried Oehrens. Der wohnte jedoch am Neuen Wandrahm Nr. 20 und nutzte das Haus nur als Sommersitz. Seit 1854 vermietete er entbehrliche Räumlichkeiten an Georg Conrad Werner, seit 1822 Privatlehrer in Hamburg und seit 1824 Besitzer einer "Lehr- und Erziehungsanstalt". Der führte das alte Landhaus nun als Pensionsanstalt für Knaben, allgemein "Pension Werner" genannt. Nach nur drei Jahren gab Werner die Anstalt in Horn aber auf und zog als Rentner nach Hamm an die Mittelstraße Nr. 12, wo er 1864 verstarb. Seinen Nachlass schenkten die Erben 1918 dem "Museum für Hamburgische Geschichte". Nachdem auch Grundeigentümer Oehrens 1858 verstorben war gehörte die Immobilie seiner Ehefrau (†1865). Die Erben verkauften 1868 alles an den Kaufmann Georg Heinrich Kaemmerer jun. (19.2.1824‒5.6.1875), seit dem 27. Mai 1855 verheiratet mit Emilie Helene Goßler (1.3.1838‒1.4.1910), Tochter des Hamburger Bürgermeisters in den Jahren 1870‒1874. Sieben Kinder wurden geboren: Georg Heinrich kam am 26.6.1856 zur Welt, Emmy Helene am 18.4.1858, Amy am 9.5.1861, Magdalena am 11.9.1862, Susanne am 17.11.1864, Julia am 9.5.1868 und Helene am 15.9.1869 (gestorben 1953). Nach dem Tod des Vaters, vermietete die Mutter Räume an Fräulein A. Homann für ihr Pensionat, mit dem sie aber 1880 an die Borgfelderstraße Nr. 72 zog. Seit 1881 wohnte Mutter Kaemmerer mit ihren noch nicht erwachsenen Töchtern am Holzdamm Nr. 30 und nutzte das Horner Landhaus bis 1889 nur noch als Sommerwohnung.

 

In jenem Jahr wurde Ernst Reye neuer Grundeigentümer, Besitzer einer Schmalz-Raffinerie und Margarinefabrik an der Spaldingstraße. Er wohnte aber weiterhin An der Alster Nr. 34 und betrachtete seine Horner Immobilie nur als Anlage. 1892 vermietete er das Haus an den Kaufmann Alexander Borguis, der hier bis 1905 wohnte, nachdem bereits 1896 Ernst August Wriedt aus Altona neuer Eigentümer geworden war. Der verkaufte seine Immobilie 1906 an das Baugeschäft von Wilhelm Alexander Rohwer. Um neues Bauland zu schaffen, erwarb Hamburg im Jahre 1909 das große Areal und wollte alle alten Baulichkeiten beseitigen. Das aber stieß beim "Horner Bürgerverein" und dem "Grundeigentümer-Verein für Horn und Umgebung" auf größten Widerstand, sodass sich die Stadt gezwungen sah, ihre Pläne aufzugeben. 1912 beschloss man sogar eine Vergrößerung des ehemals Duncker'schen Areals und stellte das alte Landhaus unter Denkmalschutz. Den Außenbereich mit einigen mächtigen Bäumen und großem Teich gestaltete man zur öffentlichen Anlage und nannte ihn fortan "Horner Park". 1915/16 wurde das Erdgeschoss des Landhauses zur "Polizeiwache 27" umgebaut, die sich zuvor an der Horner Landstraße Nr. 175 befand. Im ersten Stock wohnte bis 1925 der Polizei-Oberwachtmeister Carl Steinecke mit seiner Familie.

 

Fliegerbomben hinterließen 1943 von allem nur ein Trümmerfeld und heute zeugt nichts mehr von einstiger Herrlichkeit. Allein ein 1936 errichtetes Toilettenhäuschen am Straßenrand konnte den Krieg unversehrt überstehen. Den "Horner Park" aber gibt es wieder, zwar nur noch 6,4 Hektar groß und ohne Teich zum Plantschen oder Schlittschuhlaufen, dafür aber mit einem schönen Kinderspielplatz nebst Rodelberg für Wintervergnügen!