Copyright:  Gerd Rasquin  -  Letztmalig bearbeitet im Oktober 2018

 

 

 

 

 

 

 

 

Horns erstes Schulhaus war anno 1659 auf der großen Gemeindeweide errichtet worden, 90 Meter westlich des Bauerbergs

bzw. 140 Meter südlich des Horner Wegs. Es war 13,5 x 6 Meter groß. Auf seiner obersten Haustürtreppe stand:

 

 

Leider ist weder ein Bild noch eine Chronik überliefert, und folglich wissen wir sehr wenig aus dieser Zeit. Auch der Spruch auf der Haustürtreppe stimmt hier nur inhaltlich, bestand seinerzeit sicher aus schlichteren Buchstaben und war in Niederdeutsch zu lesen. Alexander Plinck, seit dem 15. Mai 1767 Hammer Landvogt (†8.6.1804), berichtete später: „Die Horner Schule aber existiere auf eine besondere Art. Sie ist 34 Jahre eher als die Hammer Kirche erbauet. Damalige Gartenbesitzer und vorzüglich die Oberalten haben ein freywilliges Geschenk hergegeben, ...und ist 384 Mark Courant und 8 Schillinge collectieret worden.“ Das Bauholz lieferte ein Wäldchen auf der heutigen Horner Rennbahn.

 

Wann genau der Unterricht begann ist nicht dokumentiert, doch es wird wohl nach der Ernte gewesen sein, als Jacob Ahlers die ersten Jungen und Mädchen begrüßen konnte. Er war bereits dritter Schulhalter in Horn, denn schon vorher hatten zwei "Hausinformatoren" in einer Stube des Bauernhauses von Jacob Behn Kindern das Lesen und Schreiben beigebracht. Behns Hof lag dort, wo die heutige O’Swaldstraße in den Bauerberg einmündet. Hausinformatoren waren aber keine Lehrer im heutigen Sinne, sondern mehr oder weniger gebildete Privatpersonen, die sich gutsituierte Kaufleute ausschließlich für ihre eigenen Kinder leisten konnten. Bildungsinteressierte Landleute jedoch mussten sich die Kosten meist teilen, obwohl Hausinformatoren diesbezüglich eher bescheiden waren. Entlohnt wurde oft nicht nur per Bargeld, sondern auch durch das "Abessen" von Mahlzeiten in den Häusern der Schützlinge.

 

In den ersten Jahrzehnten war ein Besuch der Schule freiwillig, denn die etwa 250 Dorfbewohner hatten ohnehin eine gespaltene Meinung zum neuen Bildungsangebot und viele behielten ihre Kinder lieber zuhause, für Arbeiten auf dem Hof oder als Erntehelfer. Lesen und Schreiben hielt die Bevölkerung seinerzeit für unwichtig. Das wollte der Hamburger Rat (Senat) ändern und bestimmte 1693 in einer für die Hammer Kirche erlassenen Ordnung, dass alle Kinder von 6‒11 Jahren fortan schulpflichtig seien. Diese Einmischung ins Familienleben kam bei den meisten aber nicht gut an und erklärt, warum die Dorfschaft immer nur widerwillig für die allernotwendigsten Reparaturen am Schulhaus gesorgt hatte. In den 1770er Jahren war es schließlich so baufällig, dass nur ein Abbruch infrage kam. Einen Neubau wollten jedoch weder Dorf noch Kirche finanzieren, und so wandte man sich in einer Bittschrift an die Freigiebigkeit der geliebten Mitbürger und vorzüglich derjenigen, welche ihre Gärten in Hamm und Horn haben. In kurzer Zeit war die nötige Summe aufgebracht und der Hammer Kirche zur Verfügung gestellt worden. Im November 1779 ließ sie Horns erstes Schulhaus vom Maurermeister Johann Simon Pudersack abbrechen und für 2.589 Mark gleichenorts ein neues errichten, das 17 x 7 Meter groß und 7 Meter hoch war. Am 21. September 1780 konnte es eingeweiht werden. Auf einer Sandsteinplatte im Giebel war zu lesen:

 

Schule von 1780

"Anno 1780 ist dieses Schulhaus durch milde Gaben erbauet"

 

 

Zur Einweihung kamen die beiden Landherren Franz Anton Wagener und Johann Albrecht Dimpfel, der Hammer Pastor Hintz, die beiden Kirchendeputierten Köpcke und Clamer sowie die Kirchenjuraten Buckendahl, Pudersack und Wendeler. Alle wurden von den Schulkindern und dem seit 1748 amtierenden Schulhalter Thomas Boehler (61) empfangen. Zahlreiche Einwohner hatten sich ebenfalls eingefunden. Neben der Schulstube besaß das neue Haus nun auch eine Lehrerwohnung und einen Kohlhof, wie man seinerzeit die kleinen Gemüsegärten neben den Häusern nannte.

 

Am 6. Juni 1790 ging Schulhalter Thomas Boehler im Alter von 71 Jahren in den verdienten Ruhestand. Zuletzt war er schon leicht verwirrt und es bedurfte angemessener Worte, um diesen stets geschätzten Pädagogen den freiwilligen Schritt zu erleichtern.

 

Leider sind uns die Namen vieler Schulhalter bis heute nicht bekannt, es fehlen sämtliche nach Jacob Ahlers. Erst im Jahre 1736 erschien ein gewisser "Fleischhauer" im Rechnungsbuch der Hammer Kirche. Ihm folgten anno 1748 der oben erwähnte Boehler und seit dem 22. Oktober 1792 der Schulmeister Westphalen, der vorher in Eppendorf unterrichtet hatte. Er blieb Horn treu und konnte am 18. Juni 1826 sogar sein 50-jähriges Schulamtsjubiläum in der Hammer Kirche feiern. Der beliebte Pädagoge verstarb 1831, sein Nachfolger wurde August Christian Friedrich Beyle. Mit Ehefrau Julie Johanna Ernestine wohnte er im Schulhaus und verdiente jährlich 800 Mark. Am 11.2.1834 wurde ihr erstes Kind Friedrich Wilhelm geboren und am 30.10.1838 Johannes Gustav, der 1872 das Amt des Vaters übernehmen sollte. Am 1.4.1841 kam dann auch Tochter Johanna Mathilde zur Welt.

 

Im Jahre 1834 erhielt das Schulhaus einen zusätzlichen Klassenraum in Form eines in Fachwerk erstellten rechten Anbaus. Im Dorf gab es etwa 140 schulpflichtige Knaben und Mädchen. Lehrplan und Einteilung der Unterrichtsstunden blieben dem Lehrer überlassen, doch musste er den Lehrplan vom Prediger in der Nachbardorfschaft Hamm genehmigen lassen. Der Unterricht umfasste Religionslehre, Bibelerklärung, Lesen, Schreiben, Rechnen, deutsche Sprache, Verstands- und Gedächtnisübungen sowie Singen der Kirchenmelodien. Erlaubte es die Zeit, durfte der Lehrer den Kindern auch Naturlehre, Weltgeschichte und allgemeine Geographie vermitteln. Sein jährliches Gehalt betrug 800 Schillinge. Schulpflichtig waren alle Kinder von 6 bis 14 Jahren. Eltern, die ihre Kinder vom Schulbesuch abhielten, wurden mit Geld oder Gefängnisstrafe belegt. Unterrichtet war täglich von 8 bis 11 Uhr und von 13 bis 16 Uhr. Als Schulsteuer bezahlten die Vollhufer per Hufe 12 Schillinge jährlich, die übrigen Eigentümer 6 ß, Mietsleute und sonstige Einwohner 4 ß. Über den Schulbesuch und das sittliche Verhalten der Kinder führte der Lehrer ein Protokoll, das dem Landherrn vierteljährig vorgelegt werden musste. Die Schulbehörde bestand aus dem ältesten Landherrn der Geestlande, dem Prediger und zwei Schulvorstehern. Weil die Schülerzahl ständig stieg, musste 1855 ein zweiter Lehrer für nunmehr 180 Kinder eingestellt werden.

 

Es gab aber auch Privatinstitute, wie das des Fräuleins Caroline von Helms. An der Landstraße Nr. 54, dem Kleinen Pachthof gegenüber, eröffnete sie 1851 eine Töchterschule. Schon 1854 aber musste sie an den Bauerberg ziehen, weil der Polizei-Officiant Gotthelf Ludwig Friedrich Drewes das Haus an der Landstraße gemietet hatte, damit seine Ehefrau hier eine Warteschule eröffnen konnte. Als die 1858 nach Nr. 17 zog, verlegte Caroline von Helms ihre Töchterschule wieder an den alten Ort. Im Jahre 1864 schloss sie ihr Institut in Horn und unterrichtete fortan am Hammer Steindamm. Die Warteschule der Witwe Drewes existierte noch bis 1881, zuletzt in einem Haus an der Horner Landstraße Nr. 183. Ein weiteres Privatinstitut eröffnete Georg Conrad Werner 1854 an der Horner Landstraße Nr. 46, gleich rechts des ehemaligen Toiletten-Häuschens beim heutigen großen Kinderspielplatz. Es war eine Pensionsanstalt für Knaben, allgemein "Pension Werner" genannt. Schon seit 1824 hatte Werner eine Lehr- und Erziehungsanstalt in Hamburg besessen. Nach nur drei Jahren gab er aber auf und zog als Rentner an die Mittelstraße Nr. 12 in Hamm, wo er 1864 verstarb.

 

Wegen der ständig wachsenden Schülerzahlen erhielt das alte Schulhaus im Jahre 1861 rechts noch einen weiteren Anbau. Am 1. Oktober 1870 übernahm Hamburg die der Dreifaltigkeitskirche gehörende pädagogische Einrichtung als öffentliche Volksschule. Immer noch unterrichtete Friedrich Beyle, doch im Jahre 1872 wurde sein Sohn Johannes Gustav neuer Schulleiter. Der alte Beyle verbrachte seine Ruhestandsjahre im Schröderstift in Hamburg-Rotherbaum, wo er 1887 verstarb.

 

Was seinerzeit in Horn unterrichtet wurde ist nicht überliefert, doch die Jenfelder Schulchronik dokumentiert Einzelheiten, die wohl auch auf Horn zutrafen:

Von 9–10 Uhr wurde der Katechismus behandelt, danach Schön- und Ziffernschreiben, von 11–12 Uhr Bibellesen und dann war Mittagspause. Von 13–14 Uhr stand Erdkunde auf dem Plan, danach Tafelrechnen und von 15–16 Uhr sang man Choräle und Volkslieder oder zeichnete. Sonnabends wurde nur vormittags unterrichtet.

 

Feldweg Schulteich

          

Von Westen her führte dieser Feldweg (Weg Nr. 219) zum Schulhaus, das abseits des Bauerbergs neben einem Teich lag.

 

                                                                                                                            

Schon 1880 reichten die Klassenräume nicht mehr aus. Im Februar 1882 war durch den Umbau der Lehrerwohnung zwar eine weitere Schulstube entstanden, doch zusätzlich musste man noch Räume am Hermannstal mieten. Zuletzt war es im alten Schulhaus so eng geworden, dass für acht Klassen nur vier Räume zur Verfügung standen. Nachdem die Oberschulbehörde das Alte Schulhaus im Oktober 1887 an die Kirche zurückgegeben hatte, konnte die Warteschule jetzt zusätzlich den linken ehemaligen Klassenraum des Schulhauses von 1780 nutzen. Der rechte Raum sowie die Anbauten von 1834 und 1861 wurden bis zum 5. November zu drei Wohnungen umgebaut und für jeweils 300 Mark jährlich vermietet. Namens der Kirchenverwaltung hatte Wilhelm Theodor Spiegelberg am 18. August 1896 den Abbruch des Holzschauers angezeigt, der nach dem Bau der neuen "Horner Warteschule" am Bauerberg Nr. 38 nun überflüssig geworden war. Gleichzeitig begann die Baufirma "G.G. Senf & Co." mit dem Umbau des Schulhauses zu zwei Wohnungen. Samt Anbauten waren dann im April 1897 vier Wohneinheiten vorhanden und darauf die inoffizielle Bezeichnung "Alte Schulstraße 1–4" entstanden, obwohl das Ensemble immer noch am einst offiziell benannten "Weg Nr. 219" lag. Eine eigene Hausnummer war jedoch nie erteilt worden. Wenn mal die Schule in den Adressbüchern erschien, dann von 1898‒1933 lediglich als Hinterhaus von Nr. 53 (Bauerberg) und in den Jahren 1934 und 1935 zum Alten Bauerberg Nr. 22 gehörend. Seinerzeitige Mieter waren die Rentner Gustav Behrmann und Johann Schiffmann, der Arbeiter Wilhelm Butschkus sowie die Witwen Harder und Sprandel. Seit 1936 bis zur Ausbombung wiesen die Adressbücher dann keine Bewohner mehr aus. Der Grund dafür ist noch nicht bekannt.

 

Erst einem Briefverkehr ist zu entnehmen, dass die Kirchenkanzlei Horn dem Arbeiter Wilhelm Butschkus am 12. Januar 1945 die Errichtung eines 12 m² großen Behelfsheims genehmigte und die Baupolizei am 22. Januar noch einen acht 8 m² großen Anbau. Auflage war aber, alles durch dunklen Anstrich zu tarnen. Seit Juli wohnten hier dann drei Erwachsene und ein Kind.

 

Im Frühjahr 1885 war auf der staatseigenen Pachthofweide mit dem Bau einer zwölfklassigen Schule nebst freistehender Turnhalle begonnen worden, die am 1. Oktober 1887 (Sonnabend) festlich eingeweiht werden konnte. Unterricht erteilten zwei Lehrerinnen und sechs Lehrer. Noch bis 1892 war Johannes Gustav Beyle (*30.10.1838) Schulleiter, der dieses Amt schon seit dem 1. Oktober 1870 im Alten Schulhaus innehatte. Erster Hausmeister, seinerzeit noch Schuldiener genannt, war Otto Helms, der aber 1901 an die Schule Louisenweg ging. Ihm folgte Ferdinand Reiß.

 

Das Gebäude hatte man mit einer Feuerluftheizung der Gebrüder Körting aus Hannover ausgestattet, die im Jahre 1902 für 17.500 Mark durch eine Niederdruck-Dampfheizung ersetzt wurde. Aus der Zeit um 1930 ist bekannt, dass der Schlosser Hermann Kruse täglich frühmorgens die Eisenöfen in den Klassenzimmern anheizte.

 

Eine eigene Hausnummer (Bauerberg Nr. 44) besaß das Schulgebäude erst seit 1891, nach Neunummerierung der Straße.

 

Wegen der stark wachsenden Schülerzahlen erhielt die Bauerbergschule 1897 im südlichen Teil zwei weitere Stockwerke. Jetzt gab es schon 18 Klassen. Die Bebauung an der Horner Landstraße mit vierstöckigen Großwohnhäusern erforderte Anfang des 20. Jahrhunderts aber noch weitere Schulräume, und so entstand 1906 nördlich ein dreistöckiger Anbau, der das gesamte Objekt wie eine Lokomotive aussehen ließ. Fortan bestand das Schulgebäude aus einem Bereich für Mädchen und einem für Knaben. Carl Ewert, seit 1892 einziger Rektor und Hausmeister Ferdinand Reiß waren jetzt nur noch für die Mädchenschule zuständig. Die Knabenschule leitete fortan Carl Meier, für den als  Hausmeister Heinrich Möller eingestellt worden war, dem 1909 August Waldinger folgte. Die Mädchenschule hatte 1928 mit Johannes Meyer einen neuen Hausmeister bekommen. Beide wohnten in den Kellerräumen, doch als 1932 das große Schulgebäude Beim Pachthof Nr. 15 (Jungen) und Nr. 17 (Mädchen) bezugsfertig war, zogen sie in die dortigen Wohnungen mit Eingang Beim Hirtenkaten Nr. 1 und waren dann auch nur noch für diese Schulen zuständig. Als nunmehr alleinigen Hausmeister für die alte Bauerbergschule hatte man Hermann Behrens eingestellt, der hier auch bis zur Ausbombung 1943 wohnte.

 

Bereits im Herbst 1929 war die freistehende Turnhalle abgebrochen worden, weil sie dem nördlichen Flügel des neuen Schulgebäudes im Wege stand. Während dieses den Krieg überstand, blieb von der Bauerbergschule nur eine ausgebrannte Ruine, deren Reste man 1950 beseitigte.

 

 

 

Bauerbergschule und Turnhalle

 

Blick um 1900 von der Pachthofweide auf die Rückseite der Bauerbergschule mit Turnhalle.

 

Vorderansicht der Bauerbergschule

 

Blick vom Bauerberg auf die 30-klassige Volksschule für 800 Kinder. Mit dem Anbau von 1906 sah sie wie eine Lokomotive aus.

 

Im Jahre 1910 hatte Horn schon 7.785 Einwohner und benötigte dringend eine weitere Schule. Sie sollte auf der staatseigenen ehemaligen Bullenkoppel entstehen, mit dreißig Klassenräumen und einer freistehenden Turnhalle. Der Unterricht an dieser seinerzeit größten Volksschule Hamburgs begann am 14. Oktober 1912. Obwohl direkt am bekannteren Horner Weg gelegen, wurde sie nach der Morahtstraße benannt, weil sich dort der Eingang für die Knaben befand. Mädchen betraten ihren Schulteil am "Weg Nr. 230", der erst am 14. Mai 1914 in Rhiemsweg umbenannt werden sollte. Wenn spätere Generationen das alte Backsteingebäude lediglich als Rhiemswegschule erinnern liegt es daran, dass sich der Name erst nach dem Zweiten Weltkrieg durchsetzte, als man Jungen und Mädchen gemeinsam unterrichtete.

 

Schule Morahtstraße

 

Die Volksschule Morahtstraße (Foto von 1912) überstand den Krieg, doch von der Turnhalle blieb nur eine Ruine.

 


Horn-Chronik