Copyright: Gerd Rasquin - Februar 2008
Bereits eine Zeichnung von 1836
dokumentiert ein Nest auf dem "Mutterhaus", dem seinerzeit höchstmöglichen
Brutplatz der Gegend. Dieses im Jahr zuvor auf dem Areal des Rauhen Hauses
fertiggestellte Gebäude mit Nestplattform lag geradezu ideal. Kein Wunder also,
dass hier schon gleich ein Storchenpärchen erschien. Ob es schon vorher in Horn
genistet und sich hier nur für eine geeignetere Stelle entschieden hatte ist
nicht überliefert. Die Freude im Rauhen Haus über die neuen
"Mitbewohner" wird sicher groß gewesen sein!
Um 1900 gab es auf dem südlichen
Strohdachende noch ein zweites Nest. Vermutlich hat ein "Nachfahre"
des ersten Storchenpärchens das alte Nest nicht mehr in seinem Zustand
akzeptiert, denn zwei Paare werden wohl kaum so dicht nebeneinander gebrütet
haben. Das letzte Storchenpaar im Rauhen Haus nistete übrigens 1911, wie Archivar
Wolfgang G. Fischer belegen konnte.
Schon immer freuten sich die Menschen,
wenn Störche auf den Dächern ihrer Häuser nisteten, denn sie galten als Glücks-
und Kinderbringer. Manche trafen schon Anfang März aus Afrika ein, gewöhnlich
zuerst das Männchen und meist dann, wenn die Leute noch schliefen. Im oft noch
verschneiten Dorf wussten darum die meisten Bewohner gar nicht, dass der Storch
schon da war. Der lag ermüdet von seiner langen "Flugreise"
zusammengekauert in der alten Nestmulde. Nur Menschen mit leichtem Schlaf
hatten hin und wieder sein kurzes Klappern vernommen, Adebars alljährliches
Ankunftsritual. Wenige Tage später erreichte gewöhnlich auch die Störchin das
Nest, dann wurde geklappert und verbeugt. Der Altstorch hob einen Reisigstecken
auf, legte ihn an den Nestrand und Frau Störchin wusste natürlich genau, was
das bedeutete! Die Brutzeit begann unterschiedlich, und somit wurden manche
Jungstörche erst Anfang August flügge.
Horns zweites Storchenpärchen
nistete auf einem Bauernhaus, das vermutlich der Landmann Friedrich Wilhelm
Niese nach 1826 an der Horner Landstraße Nr. 214 errichten ließ. Es stand
gegenüber der heutigen Wichern-Buchhandlung. Auf dem Foto von 1912 hockt der
Storch noch auf seinem Nest, doch eine Aufnahme vom Frühjahr 1928 dokumentiert
nur noch ein leeres Dach. War es durch die Arbeiten an der Marschaufhöhung ab
März 1927 vielleicht so unruhig geworden, dass die Tiere andere Brutorte
aufsuchten?
Wieder hatte Horn ein Stück seines einst
dörflichen Idylls verloren, und für immer vorbei war auch die alljährliche
Freude der Kinder auf ihre Klapperstörche…