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Gerd Rasquin - August 2005, zuletzt bearbeitet im
März 2016
Blick über die Rennbahnstraße hinüber
zum Tribünenweg.
Seit uralten Zeiten gab es nördlich des heutigen Horner Wegs die
große Gemeindeweide. Am 23. März 1780 wurden im St. Marien-Magdalenen-Kloster
etwa zwei Drittel dieses Gebietes unter den berechtigten Höfnern ausgelost.
Dabei handelte es sich um die Hammer- bzw. Jüthorner Koppeln. Das mittlere
Areal, seit 1855 die Galopprennbahn, blieb im Dorfbesitz.
Auf den "Hammer Koppeln" hatte auch J.H.B. Reinecke am
1. Juni 1877 Grund erworben, der seit 1874 an der Mittelstraße Nr. 45 eine
Baumaterialien-Handlung besaß. Anno 1877 ließ er schräg gegenüber der
Rennbahntribüne einen geraden Weg mit 44 Bäumen anlegen, der vom "Feldweg
Nr. 52" (später Rennbahnstraße) zu seinem gleichzeitig errichteten 170
Meter entfernten einstöckigen Landhaus führte, das links am "Weg Nr. 54"
lag. Die Horner nannten diese Verbindung fortan "Reineckestraße",
doch offiziell war es der "Weg Nr.
376", weil es sich um das Flurstück 376 handelte, das Reinecke gleich
miterworben hatte. Nachdem er 1885 verstorben war, lebte die Witwe noch bis
1894, vermietete aber seit 1891 erstmals Wohnräume. Ihr Sohn, der Abbruch-Übernehmer G. Edmond
L. Reinecke (†1924), verkaufte seinen Horner Grundbesitz im Jahre 1901 an die
"Neue Baugenossenschaft von 1900 zu Hamburg", die den bis dato immer
noch privaten Weg zuerst auf südlicher Seite bebauen ließ. Auf jeweils 368,5 qm
großen Grundstücken entstanden für je 7.000 Mark dreizehn 8,5 m breite
villenartige Häuser mit den ungeraden Nummern 3‒27, die teilweise noch
vor Weihnachten 1901 bezogen werden konnten. Grund genug, den "Weg Nr.
376" genau am 25. Dezember in "Tribünenweg" umzubenennen. Das
einst den Reineckes gehörende Landhaus, bis dato im Adressbuch als "o.
No." (ohne Numero) der Rennbahnstraße zugeordnet, erhielt nun die Nr. 39.
Bis Ende 1902 wurden dann noch die Häuser Nr. 29, 31, 33 und 35 bezugsfertig
und somit die Straßensüdseite fast lückenlos bebaut.
Im Jahre 1907 verkaufte die "Neue Baugenossenschaft" alle
Häuser an Privatpersonen, und seit September 1909 gab es auch staatsseitig hergestellten Abwasserkanäle (Siele). Die Bebauung der
gegenüberliegenden Straßenseite zog sich noch bis 1931 hin. Noch 1912 gab es
erst die Häuser mit den Nummern 8‒16 und 22‒30. Alle Häuser
brannten im Krieg aus, nur bei Nr. 8 lohnten sich Maßnahmen, es wieder
bewohnbar zu machen, und ein Teil der Fassade erinnert noch heute an einstige
Zeiten. Anfang der 1950er Jahre beseitigte man nach und nach alle Ruinen,
sodass Mehrfamilienhäuser errichtet werden konnten.
Nachstehend Einzelheiten zur Gastwirtschaft, die aber postalisch
zur Rennbahnstraße Nr. 91 gehörte:
Zehn Meter hohes Eckgebäude, das Wilhelm Peters im Jahre 1901 vom
Architekten Heinrich Mandix errichten ließ. In einem Schreiben vom 18. Dezember
teilte dieser der Baupolizei die Fertigstellung mit. Alle Räume im Erdgeschoss
nutzte Peters für seine "Gastwirtschaft und Restauration zur Rennbahn",
wie oben auf der ersten Postkarte vom Frühjahr 1902 zu lesen. Der Eckeingang
mit Windfang führte ins 30 qm große Restaurant, das durch eine Flügeltür mit
dem Clubsaal (8,5 x 5 qm) verbunden war, der hinter den beiden linken
Rundbogen-Fenstern lag. Rechts des Eingangs befand sich über einem Bierkeller
das kleine Gastzimmer (3,4 x 3 m) und dahinter die 20 qm große unterkellerte
Küche. Die oberen Etagen erreichte man über das Treppenhaus im rückseitigen
Bauwinkel. Das erste Stockwerk bestand aus zwei Wohnungen mit je drei Zimmern
und Küche, anfangs vom Maurermeister Ernst Döscher und Vorarbeiter Heinrich
Baumgarn gemietet. Im Dachbereich gab es zwei rückseitige Zimmer von 4,5 x 3
bzw. 3 x 2,5 qm sowie zwei Bodenräume zur Straßenseite, einen Eckboden mit
Zink-Fenster und den Trockenboden mit zwei Fenstern zum Tribünenweg. Im Jahre
1904 übergab Peters seine Gastwirtschaft an August Carl Friedrich Hamer,
seit Herbst 1906 auch neuer Hauseigentümer. Im Bereich des Tribünenwegs ließ er
einen zweistöckigen Anbau errichten. Später vermiete Hamer sein Lokal an
verschiedene Wirte. Nachdem er 1937 verstorben war, gehörte die Immobilie bis
zur Ausbombung 1943 der Witwe, die zuletzt am Berner Heerweg wohnte.