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Gerd Rasquin - September 2007,
letztmalig bearbeitet im Januar 2021.
Seit dem 13. Mai 1872 (Grundsteinlegung) war auf einem 62.000
qm großen Areal, gleich nördlich
des heutigen U-Bahnhofs Burgstraße, für 450.000 Goldmark ein prächtiges Palais
im Renaissancestil errichtet worden, das dem Kaufmann Heinrich Jacob
Bernhard Ohlendorff (17.3.1836‒3.7.1928) gehörte. Im Spätsommer 1874
hatte er es mit Ehefrau Elisabeth und seinen neun Kindern bezogen und am 6.
Februar 1875 einer aus Rang und Namen bestehenden Öffentlichkeit, im Rahmen
eines Maskenballs, vorgestellt. Reich geworden war er durch den Handel mit
peruanischem Vogelmist, einem seinerzeit wertvollen Düngemittel. Das brachte
ihm auch den Namen "Guano-König" ein.
Ohlendorff, Sohn des ersten Direktors des 1820 gegründeten
Botanischen Gartens, war am 28. Januar 1860 auch an der Gründung der
"Zoologischen Gesellschaft zu Hamburg" beteiligt, die am 17. Mai 1863
einen Tierpark auf dem Gelände des späteren "Planten
un Blomen" eröffnete, und deren Präsident er 31 Jahre lang
war. Gleich zwei eiserne Löwenplastiken hatte er für die Freitreppe zu seinem Palais
anfertigen lassen. Rechts saß dann ein sitzender und links ein kauernder Löwe.
Ohlendorff war auch dem Galopp-Rennsport sehr verbunden, zwischen
1878 und 1919 sogar Vorstands- und Ehrenmitglied des Hamburger Renn-Clubs. Am
Derby-Sonntag, dem 11. Juli 1875, begann im Palais eine Tradition, die bis 1914
andauern sollte und als "Rennfrühstück"
bekannt wurde. 1878 kam ein besonders hoher Gast: Ulysses Simpson Grant, von
1869 bis 1877 der 18. US-Präsident! Da das Ehepaar Grant aber schon am 6. Juli
nachmittags in Kopenhagen erwarte wurde, das Derby aber erst am 7. Juli
stattfinden sollte, hatte Ohlendorff das "Rennfrühstück"
einfach auf den 5. Juli vorverlegt.
Zwei Jahre nach dem Tod des Vaters verkaufte Sohn Hans das
Anwesen 1930 für 685.000 Mark an Hamburg. Bald darauf wurde der
"Ohlendorff'schen Park" eine öffentliche Grünanlage.
Im Juli 1943 wurde das schöne Palais völlig zerstört. Als
"letzte Säulen verschwundener Pracht" blieben nur die beiden Löwen.
Nach Kriegsende transportierte man sie auf das Betriebsgelände im Hammer
Park. Der kauernde Löwe verschwand später spurlos, der andere
wurde auf einem Rollbrett zum "Blohm's
Park" gezogen. Dort stand er viele Jahre lang auf dem
Vorplatz des Gärtnerhauses, in dem seit 1956 Arno Behrens mit seiner Familie
wohnte. Vermutlich hat der ihn auch hierher gebracht, was er jedoch nicht
bestätigen wollte. Anfang der 1960er Jahre stellte man den Löwen neben den
ältesten Baum in Horn, die Eiche am neuen Kinderspielplatz, der auf dem Gelände
der ehemaligen Freilichtbühne (1934‒1957) entstanden war.
Der alte Löwe muss wahrlich bessere Zeiten erlebt haben, denn
Löcher in seinem "Pelz" und die zeittypischen Farbschmierereien lassen
ihn recht traurig aussehen. Täglich jedoch kommen viele Menschen vorbei, die
sich an ihm erfreuen. Wie damals im Februar 1875, an seinem wohl stolzesten
Tag…